Ein Renommees



Duo + Alte "Da ich wegen meiner Arthritis schlecht laufen kann, muss mein Duo vorm Haus auf der Straße stehen. Das hat den Vorteil, dass ich von der Wohnung aus beobachten kann, ob Kinder daran spielen. Aber ich kann nicht verhindern, dass nachts streunende Katzen sich in die offene Fahrerkabine verziehen, wo sie vor der Witterung etwas geschützt sind. So kann ich jedes mal vor dem weg fahren die unvermeidlichen Spuren, der von mir nicht geliebten Viecher beseitigen. Ich habe mir schon Anti-Katzen-Spray aus dem Westen schicken lassen, aber das scheint sie eher anzulocken als zu vertreiben.
Da das Duo keinen Anlasser hat, muss ich den Motor an der linken Außenseite anwerfen. Das erfordert Kraft und Geschick. Man muss gleichzeitig den am Lenker rechts befindlichen Gasdrehgriff betätigen, also rechte Hand am Anwurfhebel, und mit der linken Hand Gas geben. Ist der Motor noch zu kalt, kann man dieses Spiel etliche Male wiederholen, bis der Motor endlich ein Arbeitszeichen von sich gibt. Nun heißt es aber, schnell um das Fahrzeug herumspringen und in die Fahrerkabine steigen, um den Motor warmlaufen zu lassen. Meist aber ist der Motor längst stehen geblieben ehe man den Gashebel erreicht hat. So kann das etliche Male hin- und hergehen, es sei denn, man hat einen Beifahrer.
Da die Sitzbank nicht gepolstert ist, empfiehlt es sich, ein Kissen zuwenden. Trotzdem werden die Stöße bei dem fast ungefederten Fahrzeug kaum abgefangen. Nun geht die Fahrt los. Ein Kuppeln erübrigt sich, man kann den Gang gleich reinlegen, muss jedoch für die richtige Menge Gasgespür haben - sonst würgt man in Blitzes schnelle den Motor ab und darf die Prozedur des Anwerfens wiederholen.
Nun geht es auf den Parkplatz, wo es zwei reservierte Plätze für Behinderte gibt. Die vorhandenen Bordsteine von etwa 6 cm Höhe hindern das Herauf fahren. Bleibt man daran hängen, heißt es Aussteigen, Rückwärtsschieben und dann mit Anlauf und Schwung hin auf. Raus aus der Parklücke kommt man nur durch erneutes Schieben.
Ein Rückwärtsgang ist nicht vorhanden.
Ein Kofferraum fehlt leider gleich gar. Die in der Kaufhalle erstandenen Waren muss ich folglich neben mir auf dem Sitz oder unten zu meinen Füßen verstauen. Ich muss darauf achten, dass während der Fahrt nichts heraus fällt, denn eine Tür gibt es im Duo nicht.
Bei höheren Temperaturen zu fahren, ist direkt schön. Angenehm wird man durch die offenen Seiten vom Wind umstrichen. Ganz anders sieht es aber bei Regenwetter aus. Da pfeift der Wind von der Seite herein, und der Regen tut sein Übriges. Die Knie sind durch die zum Fahrzeug gehörende Schürze abgedeckt. Aber man braucht ansonsten einen Regenmantel und im Winter feste Handschuhe. Sie wurden übrigens von der Sozialversicherung kostenlos zur Verfügung gestellt.
Besonders im Sommer zeigen sich bei dem Fahrzeug gewisse Tücken. Es scheint die Hitze nicht zu lieben und bleibt während der Fahrt gern plötzlich stehen, weil die Zündung versagt. Dann hilft weiter nichts, als auszusteigen und die Kerzen zu wechseln. Die Elektrik des Fahrzeuges ist sehr störanfällig. Die 6-Volt-Batterie ist schnell verbraucht. Deshalb ist es ratsam, darauf zu achten, den Blinker nur kurz zu betätigen und den Scheibenwischer möglichst gar nicht zu benutzen. Mir passierte es, dass der Blinkgeber ausfiel und ich gezwungen war, die Richtungsänderungen mit meinem Gehstock an zuzeigen. Um das noch deutlicher zu machen, habe ich an den Stock einen weißen Lappen gebunden. Trotz Gelächter habe ich damit erreicht, dass nie ein Unfall eintrat. Bedauerlicherweise konnte mir in der Elektrik-Werkstatt nicht kurzfristig geholfen werden. Es fehlten die Ersatzteile, und da ich nicht mit Westgeld locken konnte, wurde ich auch nicht vorrangig bedient. Die Hupe habe ich möglichst nicht genutzt, weil sie höchstens Heiterkeit erregte. Das Geräusch ähnelte einer auf den Schwanz getretenen Katze.
Obwohl das Fahrzeug Duo heißt, ist es für die Mitnahme einer erwachsenen Person wenig geeignet. Der Motor ist zu schwach. Jedenfalls musste ich das letzte herausholen, um mit zwei Personen eine ansteigende Straße hochzufahren. Fast in Gehgeschwindigkeit und mit Getöse und Gestank ging es bergauf. Die anderen Fahr zeuge konnten es jedenfalls immer schneller als ich.
Die Kunststofffenster seitlich und hinten ermöglichten eine gewisse Durchsicht und schützten zugleich. Als es aber im Winter erhebliche Minusgrade gab, zersprangen die Fenster beim Fahren und mussten erneuert werden. Ich betonte schon, dass bei sommerlicher Witterung das Fahren direkt Spaß machte. Wenn ich auf gerader und ebener Strecke die Höchstgeschwindigkeit von gut 50 km/h herausholte, war es im Duo vielleicht angenehmer als in einem geschlossenen Auto. Diesen Vergleich mögen auch meine Enkelkinder gezogen haben, denn sie ließen sich von mir lieber chauffieren als von ihrem Vati im Lada.
Die Kälte hatte ich schon erwähnt, aber ich so nicht vergessen zu schildern wie mir beim ersten Schneesturm im Duo zumute war. Ich kam mir vor wie beim Winterfeldzug 1942 in Russland. Das Lenken wurde immer schwieriger, weil im Schnee das einzelne Vorderrad nicht immer meinen Wünschen folgte. Es rutschte seitwärts weg. Das jedoch war noch nicht alles: die Schneemassen verklemmten sich zwischen Reifen und Kotflügel und bremsten so stark, dass ich an halten musste.
Nicht zu vermeiden war bei uns in der damaligen DDR das Durch fahren von Pfützen. Bei dem Zustand der Straßen ergab sich das von allein. Für mich als dem Duo Fahrer war von Vorteil, dass links eine Plane den Motor bis zur Hälfte abdeckte und das Spritzwasser auffing. Aber die andere Seite war nur durch eine hängende Plane geschützt, und so konnte das Spritzwasser von unten her alles durch nässen. Hatte ich einen Beifahrer gab es neben mir oft Geschrei.
Duo + Alte Eine der größten Schwierigkeiten beim Duo war das Bremsen. Man hatte darauf verzichtet, eine Fußbremse einzubauen, weil man davon ausging, dass der Fahrer geh behindert ist. So muss die Lenkstange mit aller Kraft nach vorne gedrückt werden, bis ein Bremseffekt eintritt. Fuhr ich auf eine Ampel zu, war bereits vorher kalkulierbar, ab wann ich zu bremsen hatte. Kam aber unerwartet ein Hindernis, musste ich mit beiden Armen ruckartig nach vorn stemmen. Mehr oder weniger war es jedoch Zufall, ob ich noch recht zeitig zum Stehen kam (...)
Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass mir das Fahrzeug von der Sozialversicherung auf Antrag leihweise zur Verfügung gestellt wurde, dass aber der Antrag zunächst ohne Begründung abgelehnt wurde, ob darin die Parteizugehörigkeit gefehlt hatte, oder ob ich bereits zu alt war, wurde mir nicht gesagt. Jedenfalls habe ich dann über meinen Arbeitgeber, den VEB Gabelstapler Instandsetzung, einen erneuten Vorstoß unternommen. Dieser war nun vom BGL-Vorsitzenden und dem Parteisekretär befürwortet, und siehe da, nun ging es. Am 10. September 1987 wurde mir das Fahrzeug vor die Haustür geliefert. Ich hatte lediglich die Haftpflicht von 7,50 M jährlich zu zahlen. Steuern kostete es nicht. Alle Reparaturen trug die SVK.
Nach der Wende und nachdem ich mir ein anderes, neues Fahrzeug zugelegt hatte, stellte ich den Duo zur Verfügung. Er wurde am 19. Dezember 1990 im Auf trag der SVK mit einem Tieflader abgeholt."


Duo





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